Wofür stehen unsere Jugendlichen 2024
Von der Seele reden | Folge 609
Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.
Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de
Seit 2008 untersucht das SINUS-Institut alle vier Jahre die Lebenswelten der 14 bis17-jährigen Teenager in Deutschland. Die forschungsleitende Frage lautet: „Wie ticken die jungen Menschen und hat sich etwas an der Befindlichkeit der jungen Generation verändert?“ Wie bereits die Vorgängerstudien gezeigt haben, ist die junge Generation in ihren Werten und Lebensstilen heterogen, vielschichtig und teilweise sogar widersprüchlich. Die wesentlichen Ergebnisse sind:
Trotz vieler Krisen zeigen die Jugendlich einen gedämpften Optimismus.
Unsere Jugendlichen bewahren sich eine (zweck-) optimistische Grundhaltung und schauen für sich persönlich meist positiv in die Zukunft. Dabei spielt Sport und Bewegung eine zentrale Rolle für das Wohlbefinden der Jugendlichen.
Chancenungleichheit wird als gegeben und unfair kritisiert. Das betrifft bei uns vor allem sozial Schwache und migrantische Familien.
Die aktuellen politischen Krisen werden von den Jugendlichen registriert, aber emotional stärker beschäftigen sie Probleme wie Klimawandel und Diskriminierung. Die Institution Schule kann dem Problem aber offenbar nicht beikommen. Nicht selten ginge Diskriminierung sogar von den Lehrkräften aus. Sie nehmen wahr, dass vor allem die soziale Lage über den Bildungserfolg mitentscheidet und Chancengleichheit nicht gewährleistet ist.
Besonders bei den bildungsfernen Jugendlichen ist der Umgang mit Politik von Verdrängung, Abwehr und Desinteresse geprägt. Dabei wird die Schule als Ursache benannt. Schule ist aus Sicht der Befragten selten ein Lernort für Demokratie. Auch der Stand der Digitalisierung wird kritisiert. Neben mangelnder digitaler Infrastruktur beklagen die Jugendlichen vor allem die Lücken in der Digitalkompetenz der Lehrerschaft.
Insgesamt gibt es zwei Lager unter den Jugendlichen: Auf der einen Seite diejenigen, die denken, dass ihre Ideen und Anliegen von den Verantwortlichen ignoriert werden und deshalb meinen, Engagement lohne sich nicht. Die anderen sind der Überzeugung, prinzipiell etwas bewegen zu können. Das war aber auch vor fünfzig Jahren schon so.
Dennoch: Die meisten Jugendlichen sind bodenständig und erachten auch Werte wie Hilfsbereitschaft, Toleranz und Empathie für wichtig und erstrebenswert. Unterschieden werden kann aber auch hier zwischen Jugendlichen von geringer bis mittlerer Formalbildung und denen mit guter und sehr guter Bildung. Die ersten möchten so sein wie alle, nicht „aus der Reihe tanzen“ und halten daher Zurückhaltung für einen hohen Wert. Bei den eher besser gebildeten Jugendlichen möchten viele dann schon „in sein“ , sich ausdrücken und darstellen, aber natürlich sind hier auch die zu finden, die meinen, Grenzen seien da, um überschritten zu werden und spannende Herausforderungen zu suchen.
Auffällig ist, dass immer deutlicher die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Kulturen und Lebensformen betont wird.
Ein Leben ohne Social Media ist für die meisten nur schwer vorstellbar, es zeigt sich aber vor allem in der bildungsnahen jugendlichen Zielgruppe ein großes Unbehagen wegen der Auswirkungen von Social Media auf die eigene (psychische) Gesundheit. Sie versuchen, die Nutzung zu begrenzen. Insbesondere dieses Ergebnis der SINUS-Studie 2024 macht mir große Hoffnung.
Vorteile der Informationsaufbereitung in den sozialen Medien sind nach Meinung der befragten Jugendlichen ihre Aktualität, ihre gute Verständlichkeit und ihr Unterhaltungswert. Dagegen stehen die Nachteile zweifelhafter Glaubwürdigkeit und die verbreiteten Fake News. Die Gefahr, Falschinformationen, Übertreibungen, manipulierten Bildern und Videos ausgesetzt zu sein, ist den Jugendlichen weithin bewusst. Die meisten trauen sich aber zu, Fake News zu erkennen.
Auch wenn vieles in den sozialen Medien nicht hinterfragt bzw. unkritisch konsumiert wird, zeigt sich in der jugendlichen Zielgruppe ein wachsendes Unbehagen, sodass viele vor allem bildungsnahe Jugendliche inzwischen versuchen, ihre Social-Media-Nutzung zu begrenzen: Handys ausschalten, bestimmte Apps löschen.
Ich wünsche Ihnen eine glückliche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.