00:00
03:44
Ein Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller
  • Von der Seele reden

Kinder bekommen

Von der Seele reden | Folge 621

02.10.2024

Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.

Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de


Kinder bekommen?

Offenbar werden viele Paare davon abgeschreckt, Kinder zu bekommen, wenn sie die Herausforderungen beobachten, mit denen Eltern heute kämpfen. Neueren Umfragen zufolge empfinden viele Menschen Kinder als Karrierenachteil: 43 Prozent sagen, dass in ihrem jeweiligen Unternehmen Beschäftigte, die sich um ihre Kinder kümmern müssten, schlechtere Aufstiegschancen hätten. Darüber hinaus beklagten 44 Prozent, dass sich ihr Arbeitgeber nicht ausreichend um Kinderbetreuung für die Belegschaft kümmere. Ja, natürlich haben für verantwortungsbewusste Eltern ihre Kinder Vorrang. Und arbeitstätige Eltern sind oft überbelastet. Aber Eltern sind auch hochmotiviert, was die beruflichen Aufgaben einschließt, denn mit der Liebe zu ihren Kindern wächst auch das Bewusstsein, für diese sorgen zu müssen, was gute Arbeit voraussetzt.

 Eltern mit kleinen Kindern müssen daher besonders gefördert werden, denn wir brauchen jede Facharbeitskraft. Uns fehlen 1,5 Millionen Fachleute.

Aber ist es vor diesem Hintergrund nicht kontraproduktiv, wenn für viele der Generation Z, die eigentlich die große Fachkräftelücke auffüllen soll, immer mehr Wert auf Work-Life-Balance legen? Offenkundig steigt vor allem bei den Jüngeren der Wunsch nach Teilzeit: 56 Prozent der unter 45-Jährigen sagen, dass sie gern in Teilzeit arbeiten würden; das sind deutlich mehr als in den beiden Vorjahren. Teilzeit aber mindert oft die Karrierechancen.

Ich bin davon überzeugt, dass gerade der Vorwurf, es gebe keine ausreichenden Kinderbetreuungsangebote, überwiegend Ablenkung ist. Das belegt auch eine Studie der Hochschule Mainz aus dem Jahr 2022. Zur Gen Z zählen laut Definition Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden.

Für die Studie wurden Bachelor-Studierende befragt, die bereits erste Berufserfahrungen vorweisen konnten. Knapp 77 Prozent gaben als wichtigstes Kriterium bei der Wahl ihres Arbeitgebers eine ausgewogene Work-Life-Balance an. Eine angemessene Bezahlung war ihnen am zweitwichtigsten. Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten fanden, ein Unternehmen müsse ihnen Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten bieten.

Hat das Empfinden von Überbelastung nicht bei vielen auch damit zu tun, dass sie sich nicht wohlfühlen mit dem, was sie als berufliche Aufgabe gewählt haben? Obacht bei der Berufswahl! Hat es nicht auch damit zu tun, dass die ständige Erreichbarkeit in der digitalen Welt eine zusätzliche Belastung ist? Ist nicht auch unsere Inszenierungsgesellschaft mit dafür verantwortlich? Zu viele meinen doch, sich und ihre Kinder immer und überall in Szene setzen zu müssen. Natürlich müssen wir uns erholen können. Aber das hat nicht nur mit Belastungen am Arbeitsplatz zu tun. Wir sollten täglich hinterfragen, welche unserer Vorhaben wirklich sinnvoll sind. Wir verschwenden zu viel Lebenszeit, weil wir unser Verhalten viel zu sehr daran ausrichten, anderen gefallen zu wollen.

Ich wünsche Ihnen eine glückliche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.