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Ein Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller
  • Von der Seele reden

Der Sinn des Lebens

Von der Seele reden | Folge 621

02.10.2024

Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.

Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de


Der Sinn des Lebens

Wir müssen im Leben andere Prioritäten setzen. Ich erinnere mich gut an die Lebensmaxime meiner Eltern: Den Kindern soll es einmal besser gehen. Dabei fehlte es uns schon damals an nichts Wesentlichem. Ich kann nur hoffen, dass meine Kinder und Enkel nicht mehr wahllos aus dem Vollen schöpfen, wie es meine Generation getan hat, sondern bewusster mit unseren Ressourcen, also mit dem, was die Erde hervorbringt, und ihrer Lebenszeit umgehen. Dieses Umdenken erreicht mich erst jetzt, weil ich die Folgen des Klimawandels vor Augen habe und die Auswirkungen des ungezügelten Wachstums deutlich spüre, aber auch, weil ich im Rückblick weiß, was von alledem, was ich getan und erreicht habe, wichtig und sinnvoll war. Ich habe nichts besser gemacht als alle anderen: Auch mein Leben war lange gekennzeichnet von der Jagd nach Besitz, Anerkennung und konsumorientierter Ablenkung. Auch für mich hatte die Arbeit zu oft Priorität.

 Hat Immanuel Kant Recht? „Je mehr wir beschäftigt sind, je mehr fühlen wir, dass wir leben. In der Muße fühlen wir nicht allein, dass uns das Leben so vorbeistreicht, sondern wir fühlen sogar eine Leblosigkeit.“ Nur, wer arbeitet, zählt? Friedrich Nietzsche sieht das einhundert Jahre später anders: „Seltsames Los des Menschen. Er lebt siebzig Jahr und meint, etwas Neues und nie Dagewesenes zu sein – und doch ist er nur eine Welle, in der die Vergangenheit der Menschen sich fortbewegt.“

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich immer noch zu viele Zeitgenossen als leeres Behältnis wahrnehmen, das nur mit gut bezahlten Jobs, möglichst vielen Besitztümern, belangloser Kommunikation und bekanntem Design als Maske gefüllt werden muss, um als erfolgreich gelten zu können. Bescheidenheit trotz oder gerade wegen hoher Kompetenz, Empathie und Hilfsbereitschaft, außergewöhnliche Leistungen, die oft nur durch Entbehrungen zu erreichen sind, Ehrlichkeit – diese noch immer gültigen Maßstäbe werden in unserer Inszenierungsgesellschaft von Sichtblenden versperrt. Die Possenreißer beherrschen die Bühnen.

Wenn wir hinter die Sichtblenden schauen, hat Erfolg und Zugang zu wichtigen Entscheidungen allerdings wenig mit Schminke, Markenartikeln und großen Autos zu tun. Schon viele ernstzunehmende Soziologen machen die Schichtenzugehörigkeit nicht am Geld fest, sondern an der Leistung. Das gilt für Unternehmer/innen, die vielen Mitarbeiter/innen Arbeit geben müssen, um als exzellent gelten zu können, genauso wie für Künstler/innen und Wissenschaftler/innen, die durch ihre Leistungen international Bedeutung erlangt haben müssen. Und wir haben in der Pandemie erleben können, dass diejenigen, die trotz der Gefahren an den Kassen gesessen, die Pflege kranker und alter Menschen garantiert haben, zu unseren Helden und Heldinnen wurden.

Vielen jungen Menschen, die ihr eigenes Unternehmen gründen, geht es nicht mehr allein um ein gutes Einkommen, das sie erzielen möchten, die Sorge um unsere Natur und das soziale Gefüge in unserer Gesellschaft ist ihnen ebenso wichtig. Und so bauen sie das eigene Unternehmen auf, achten auf qualitatives Wachstum, auf erfüllende Arbeitsbedingungen, denn einen Großteil unseres Lebens befinden wir uns am Arbeitsplatz.

Alles, was wir tun, sollte nicht nur für uns, sondern auch für möglichst viele andere einen Sinn machen. Dann und nur dann sind wir erfolgreich.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.