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Heimat.

28.07.2023

Als ich 19 war, bin ich dem Mief der schwäbischen Kleinstadt entflohen. Ich bin in Schwenningen am Neckarursprung geboren – fast 70 Jahre ist das jetzt her. Hier bin ich aufgewachsen, habe eine durchwachsene Schulzeit mit schlechtem Abschluss durchlebt und hier habe ich meine Frau vor 51 Jahren kennengelernt.

Gestern bin ich durch die Straßen gegangen. Schwenningen, einmal größte Uhrenstadt der Welt, hat mein altes Leben geprägt. Ich habe auf der staatlichen Feintechnikschule Feinmechaniker und Uhrmacher gelernt. Meine Leidenschaft für Uhren ist bis heute ausgeprägt. Zum Abschluss meines Berufslebens habe ich mir die erste wertvolle Uhr gegönnt: eine Dugena Masterpiece, natürlich mechanisch.

Mein Vater hatte eine kleine Firma. Metallwaren – Zulieferer für die Uhrenindustrie im Schwarzwald-Baar Kreis. Gestern bin ich an meinem Elternhaus und der Fabrik, wie wir damals sagten, vorbeigegangen. Meine Eltern und die Firma gibt es nicht mehr. Die Mädchen aus verflognen Tagen leben zum Teil noch hier. Ich war an meiner alten Schule. Bei den wenigen Verwandten, die ich hier noch habe.

Seltsam. Obwohl ich seit 50 Jahren nicht mehr hier lebe, rührt mich diese Stadt immer noch an. Die Parkbank, auf der ich das erste Mal ein Mädchen geküsst habe. Der Friedhof, auf dem viele Mahlers und Siegels, der Mädchenname meiner Mutter, begraben sind. Vielleicht ist es doch so, dass wir eine Heimat haben müssen. Eine Herkunft. Eine Identität. Obwohl ich in Hamburg, Berlin und Stuttgart gelebt habe ist diese verpennte Kleinstadt zwischen Schwarzwald und schwäbischer Alb meine Heimat. Und bleibt es auch.