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  • Mahler Meint
  • Kommentar

Not lehrt beten.

28.05.2024

Früher war alles besser. Da hat man sich noch umeinander gekümmert. In der Familie, in der Nachbarschaft in der Kommune, im Verein, in der Kirche. Heute wächst die Zahl der Ein-Perso-nen-Haushalte kontinuierlich weiter. Jeder für sich. Jede ist sich selbst die Nächste. Ich krieg das ganz allein hin. Hedonismus, Narzissmus, Selbstoptimierung.

Ich sag ja nicht, dass das alles falsch ist. Und auch nicht, dass das früher alles funktioniert hat.

Ein Beispiel mag verdeutlichen, was ich meine, wenn ich sage: Not lehrt beten. Not lehrt, für-einander da zu sein.

Ich hatte schon lange vor der Wende in den östlichen Bundesländern zu tun. In der Opposition war man sich einig. Der gemeinsame „Feind“ war klar ausgemacht. Ich habe das im Bereich Kirche erlebt. Theologische Unterschiede spielten so gut wie keine Rolle. Man war sich darin einig, dass man die Kirche insgesamt vor den Anfeindungen durch den Staat schützen müsse.

Auch in Sachen Nachbarschaftshilfe hat die Solidargemeinschaft so lange funktioniert, als es die Notwendigkeit dafür gab. Der genossenschaftliche Gedanke wurde hochgehalten. Wozu in einem Straßenzug 15 Rasenmäher?

Wir leben heute im Überfluss. Und meinen, die anderen nicht zu brauchen. Ein fataler Irrtum, wie es sich spätestens im Krankheitsfall oder im pflegebedürftigen Alter herausstellt.

Die entscheidende Frage ist: schaffen wir es, umzudenken, solange es noch nicht zu spät ist? Daran wird sich die Überlebensfähigkeit der solidarischen Gesellschaft entscheiden.

Nein, früher war nicht alles besser. Aber manches hielt mehr zusammen als heute in einer auseinanderstrebenden Kultur. Wir brauchen eine Wende – hin zu dem oder der anderen.