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Der coole Moritz-Rest.

27.05.2024

Früher war alles besser. Da hat man den Teller nicht nur leergegessen, sondern sogar abge-leckt. Das war so, bis Moritz in unsere Familie kam. Moritz hat grundsätzlich etwas auf dem Teller gelassen, das war cool. Aufgegessen haben nur die Uncoolen.

So entstand ein geflügeltes Wort in unserer Familie: Wenn ein Teller nicht ganz aufgegessen wird, sprechen wir vom „coolen Moritz-Rest“.

Moritz war der Freund unserer ältesten Tochter. Die Moritz-Ära ist seit 30 Jahren Geschichte. Uns macht dieser Spruch deutlich, wie sehr sich unsere Wertschätzung für die Nahrungsmittel in einer Generation komplett verändert hat. Wir sind Kriegsenkel. Lebensmittel übrigzulassen oder gar wegzuschmeißen, kommt für uns nicht in Frage. Inklusive der Trauer über ein verschimmeltes Stück Brot.

Wenn ich heute durch die Straßen gehe, sehe ich überquellende Mülltonnen und hin und wieder eine Ratte und die Taubenplage. Was ich am meisten sehe, sind Papiertüten mit dem Inhalt einer großen amerikanischen Fast-Food-Kette. Und immer noch gibt es erstaunte Blicke in manchen Restaurants, wenn wir die Reste selbstverständlich einpacken lassen.

„Früher war alles besser“ ist natürlich ein dummer Spruch. Wir leben im Überfluss. Was besser war ist die Wertschätzung. Der Respekt vor dem, was uns zum Leben dient. Und vielleicht auch ein wenig die Solidarität. Wir könnten so beten: „Unser tägliches Brot gib heute anderen. Wir haben noch genug von gestern“.