Auffallen – um jeden Preis?
Sich aus der Masse herauszuheben ist ein Urbedürfnis des Menschen. Raus aus der Uniform, auffallen, fast egal wie. Als ich jung war, waren es Jeans, lange Haare und Parka. Bis wir merkten, dass wir doch wieder in einer Uniform stecken, weil alle so rumgelaufen sind.
Heute sind es mehr Tattoos und Piercings. Oder der pink-metallic Lambo. Oder die aufgespritzten Lippen und das Gucci-Täschchen.
Man kann auch auffallen wollen, wenn man damit ein bestimmtes Ziel erreichen will. Ich saß mit meinen Gesinnungs-Genossinnen in Mutlangen auf der Straße, weil wir darauf aufmerk-sam machen wollten, dass die US-Army endlich die Pershings abziehen soll.
Die Klimaaktivsten kleben sich auf den Straßen fest, weil sie darauf aufmerksam machen möchten, dass unser Individualverkehr ein Klimakiller ist.
Merke: die Aktion sollte immer etwas damit zu haben, was damit bezweckt werden soll. Kartoffelbrei auf Kunstwerke in Museen erschließt sich da für mich nicht.
Ich habe es in der Erziehung meiner Kinder gelernt: Die Sanktion, wie immer sie aussieht, steht mit dem Fehlverhalten in unmittelbarem Zusammenhang, sonst ist sie pädagogisch wirkungs-los.
Beigebracht hat mir das eine kluge Verkehrsrichterin. Im Alter von 18 Jahren habe ich betrunken einen Verkehrsunfall verursacht. Die Strafe: 2 Wochen Mitarbeit in einer beschützenden Werkstatt, damit ich begreife, was ein solches Fahrverhalten für Folgen haben kann.
Dieses Urteil hat mein Leben verändert.